aikido

Kann eine Kampfkunst friedlich sein? Aikido wird oft nachgesagt, diese Frage mit „Ja“ zu beantworten. Ist es doch erklärtes (und ambitioniertes) Ziel, einen Angriff zu neutralisieren, ohne den Angreifer ernsthaft zu verletzen. Die Kunst ist auf Verteidigung ausgerichtet – geübt wird das Anwenden einer überschaubaren Menge von Techniken als Reaktion auf verschiedene Angriffe. Die besondere Ästhetik des Aikido ergibt sich ganz natürlich aus dem Vermeiden überflüssiger Bewegungen und aus der unvergleichlichen Art der Techniken.

Aikido wurde von Morihei Ueshiba etwa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt. Heute ist Aikido eine etablierte Kampfkunst und wird weltweit betrieben. Die Techniken sind stark von den traditionellen japanischen Kampf- und Kriegskünsten (Bujutsu) beeinflusst. Allerdings enthalten sie keine Elemente mehr, die klar das Töten des Gegners zum Ziel haben. Aikido-Techniken enden meist in einer Fixierung oder einem kontrollierten Wurf.

Viele Techniken des Aikido sind sehr zwingend und auch schmerzhaft, wenn man sich gegen sie wehrt. Allerdings hat Uke (die Person, welche die Rolle des Angreifers übernimmt) immer die Möglichkeit, die Technik durch geeignetes Reagieren und sicheres Fallen (Ukemi) unbeschadet zu überstehen. Auf die jeweiligen körperlichen Voraussetzungen und die Fortschrittsstufe von Uke muss beim Ausführen jeder Technik selbstverständlich Rücksicht genommen werden.

Immer wieder taucht die Frage auf, ob Aikido „wirklich funktioniert“, beziehungsweise inwieweit es effektiv zur Selbstverteidigung eingesetzt werden kann. Insbesondere das Fehlen von Wettkampf und Sparring sowie die Betonung des partnerschaftlichen Übens erscheint vielen als Widerspruch zum Wesen einer Kampfkunst.
Und tatsächlich kann das Fehlen eines direkten Feedbacks in Form von Sieg und Niederlage als „Problem“ des Trainings gesehen werden: Nur allzu leicht können sich zwei Trainierende durch übermäßig kooperatives Verhalten selbst belügen und sich letztendlich der Illusion einer funktionierenden Technik hingeben.
Dieser Gefahr zu begegnen ist in der Tat eine ständige Herausforderung!

Auf der anderen Seite gibt es im Aikido, im Gegensatz zum Kampfsport, keine Alters-, Gewichts- oder Leistungsklassen. Es können relativ gefahrlos Techniken geübt werden, die im Wettkampf viel zu riskant wären (und deswegen in vielen Wettkampfsportarten auch verboten sind). Das Trainieren mit Partnern unterschiedlichster Körperformen, Kraftverhältnisse und Fortschrittsstufen ist eine wesentliche Grundlage, um die eigene Technik weiter zu entwickeln.

Das Erlernen von Aikido erfolgt durch langes und zähes Üben. Wer mit möglichst wenig Aufwand lediglich ein paar Techniken lernen möchte, wird wahrscheinlich enttäuscht sein.

Der Lohn für Disziplin, Konsequenz und vielleicht sogar der Konfrontation mit eigenen Unzulänglichkeiten ist vielfältig: Verbesserte Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeit, Körperspannung und Fitness sowie innere Ruhe und ein wesentlich besseres Gefühl für den eigenen Körper und den Körper anderer. Das alles bis ins hohe Alter!

Aikido bedeutet ein ständiges An-sich-Arbeiten und ist für viele eine lebenslange Reise.
Doch auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem ersten Schritt!